Rolf Schulmeister in der Zeitschrift für E-Learning 04-2012
In der letzten (und wohl letzten gedruckten) Zeitschrift für E-Learning hat Rolf Schulmeister das Unterfangen begonnen, dass begriffliche Dickicht aus Kontrolle, Selbstkontrolle, Offenheit, Geschlossenheit, Privatheit und Öffentlichkeit im Kontext von E-Learning und Web 2.0 zu lichten und eine Position herauszuarbeiten. Aus meiner Perspektive stellt der Artikel („Der Schlüssel zur Medienkompetenz liegt im Begriff der Kontrolle“ – Zeitschrift für E-Learning 2012, H. 4, S. 35-45) tatsächlich erst mal einen Beginn dar – denn es handelt sich im Kontext des Heftes eher um einen „Bericht aus der Forschungswerkstatt“ als um eine ausentwickelte Taxonomie. Und auch nach der Lektüre war wenigstens in meinem Kopf besagtes Dickicht noch nicht gelichtet… Daher möchte ich meine eigene „begriffliche Anstrengung“ mit diesen Text hier darlegen, wobei es mir in erster Linie darum geht, dass Begriffgerüst, dass Rolf Schulmeister in dem Beitrag konstruiert, nachzuvollziehen. Ich verstehe dass auch, als die Weiterführung der Gedanken des letzten Postings und vor allem auch nach dem Kommentaraustausch mit Michael Karbacher: Auch hier hatte sich gezeigt, dass das Verhältnis von „Offenheit-Geschlossenheit“ ein Kernthema ist, für jene Fragestellungen, die sich rund um die Nutzung von (kommerziellen) Web 2.0-Diensten in der Hochschule ranken.
Die ausführliche Darstellung des Beitrags habe ich hier zur Verfügung gestellt.
Dichotomien in mediengestützten Lehr- Lern-Arrangements im Kontext des Web 2.0
Um die verschiedenen Dichotomien, die Schulmeister in dem Beitrag aufmacht, besser durchdringen zu können, habe ich versucht, die verschiedenen Ebenen und Kernbegriffe zu einer tabellarischen Übersicht zusammenzustellen:
DATEN
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fremde, externe Kontrolle über Daten & Informationen
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Selbstkontrolle über Daten und Informationen
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öffentliche Daten
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private Daten
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LERNUMGEBUNG
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offene Umgebung
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geschlossene Umgebung
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LERNPROZESSE
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Kontrolle
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Freiheit
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Bewertung
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Selbstreflexion
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E-PORTFOLIOS
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Bewertung, Selektionsfunktion
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Selbstreflexion
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Fehlende Autonomie, fehlende Selbstbestimmtheit
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Selbstorganisation, Selbstkontrolle
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WEBLOGS
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Pflichtaufgabe, Kontrolle
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Freiwilligkeit
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Lernziele fremdbestimmt, Bewertung bedrohlich
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Lernziele sind selbstkongruent, erbringen von Leistung in Freiwilligkeit
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INTERNET
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Erweiterung
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Fragmentierung
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offener Raum
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geschlossene Umgebung
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In dem Beitrag werden für die verschiedenen Ebenen und Anwendungen von Web 2.0-Anwendungen Dichotomien zwischen einem eher autonomen und einem eher heteronomen Verhältnis zu (reflexiven)
Lernhandlungen aufgemacht. Dabei treten allerdings Inkonsistenzen auf, die weitergehend betrachet werden sollten: So darf gefragt werden, warum Selbstreflexion in einem öffentlichem Raum nicht möglich sein soll und weiterhin, ob Geschlossenheit und Privatheit notwendige Voraussetzungen für Reflexion bilden.
Insgesamt scheint es mir ein lohnenswertes Unterfangen, die Schulmeister’schen Begriffsstruktur weiter zu untersuchen. Fragen dafür könnten zum Beispiel folgende sein:
- Wie verhalten sich Freiheit und Selbstkontrolle zueinander? Ist Selbstkontrolle wirklich ein Merkmal von Autonomie?
- Ist der Kontrollverlust der lt. Schulmeister mit der Veröffentlichung von „eigenen“ (privaten) Daten einhergehe gleichbedeutend mit dem Verlust von Selbstkontrolle? Ist gewollter Kontrollverlust eventuell auch ein Mittel gegen Fremdkontrolle?
Starke Thesen
- E-Portfolios, die Selbstreflexion unterstützen sollen, dürfen nicht der Bewertung unterliegen.
- Im Studium sollte das Durcharbeiten von Standardwerken wieder von den Studierenden eingefordert werden.
- Studierende sind in der Mehrheit nicht zu selbstbestimmten, selbstorganisiertem Lernhandeln fähig.
- Das Internet hat seinen Charakter als offenen Raum verloren.
Weiterhin wäre es auch eine spannende Frage, dass was Schulmeister an und mit den Defiziten der Studierenden argumentiert (Heteronomie, Passivität, Lernwiderstand und Vermeidung von Selbstreflektion) auf die andere personelle Hälfte der Handlungssituation, nämlich die Lehrenden auszuweiten.