Mit der Agenda 2030 haben die Vereinten Nationen sich das weitgehende Ziel gesetzt, die soziale, ökologische und ökonomische Entwicklung der Menschheit mit den Grundsätzen der Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Diese Ziele sollen einen Rahmen für globales Handeln im Hinblick auf die zwingende Umkehr zu einer nachhaltigen Entwicklung für eine nachhaltige Zukunft bilden. Viele lokale und internationale Initiativen und Programme haben sich diese Ziele bereits zu eigen gemacht und verfolgen sie auf unterschiedlichen Ebenen. Dazu gehören nationale und lokale Regierungen sowie staatliche und nichtstaatliche Organisationen, Projekte und Initiativen. Vieles ist aber noch offen.

Sieben Jahre nach der Beschlussfassung der Agenda 2030 und angesichts der acht verbleibenden Jahre, die sich die Weltgemeinschaft als Meilenstein auf dem Weg in eine (nachhaltige) Zukunft gesetzt hat, sind die Aussichten heute jedoch trübe, dass die weitgesteckten Ziele erreicht werden – aktuelle Entwicklungen weisen eher in die gegenteilige Richtung. Bei gutem Willen kann immerhin ein „ambivalentes“ Bild attestiert werden:

„Tatsächlich bietet sich nach einem Drittel der Wegstrecke bis zum Jahr 2030 ein ambivalentes Bild: Auf der einen Seite weisen die Trends bei vielen der Ziele in die falsche Richtung. Dies wird durch die verheerenden Auswirkungen der COVID-19-Pandemie noch verstärkt. Die Zahl der Menschen in extremer Armut und der Hungernden steigt wieder, mindestens die Hälfte der Weltbevölkerung hat keinen ausreichenden Zugang zu grundlegenden Gesundheitsdiensten, die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen schreitet in alarmierendem Umfang voran, eine Million Pflanzen- und Tierarten sind vom Aussterben bedroht,…“

Martens, J., & Ellmers, B. (2020). Agenda 2030: Wo steht die Welt? 5 Jahre SDGs – eine Zwischenbilanz. Global Policy Forum. S. 6.

Sollen die Zielsetzungen erreicht werden, gilt es, neben den auf der Hand liegenden Interessenskonflikten und Machtverteilungsfragen, nach weiteren Wegen, „Beipässen“ und Veränderungsstrategien Ausschau zu halten. Eine spannende Frage in diesem Zusammenhang ist die wachsende Bedeutung der sog. Third Mission von Hochschulen, also den Aktivitäten und Einschmischungen, die Hochschulen in Richtung der sie umgebenden Gesellschaft ausüben sollen1 .

Die Rolle der Wissenschaft

Der Wissenschaft und Forschung („Science, Technology and Innovation – STI“) wurde für die Erreichung der 17 Sustainable Development Gols der UN eine prominente und erweiterte Rolle zugesprochen. Es sollte nicht mehr nur darum gehen, globale Entwicklungen und Zusammenhänge darzustellen und Mittel zu entwickeln, diese Ziele zu erreichen, sonderen es wurde in den Empfehlungen des Scientific Advisory Board of the UN Secretary-General die Erwartung an Wissenschaft formuliert, über Evaluation und Innovation hinauszugehen und als aktive gesellschatliche Akteure mitzuwirken:

„Science will be one of the most critical means of implementation for the Agenda 2030. Its role, however, must not be limited to that of a tool only. Achieving the desired outcomes by 2030 will require acknowledging and maximizing the contribution of science beyond being a ‘means of implementation’. Indeed, science is a driver and enabler of inclusive and people- centered sustainable development.“

Scientific Advisory Board of the UN Secretary-General. (2016). Science for sustainable development: Policy brief by the Scientific Advisory Board of the UN Secretary-General. S. 3

Neben der schönen Rhetorik ist von diesem Beirat in den folgenden Jahren allerdings nicht mehr viel zu hören gewesen und dieser ist offenbar 2016 aufgelöst worden. Der amtierende UN-Generalsekretär startete im Jahr 2021 einen neuen Anlauf, wissenschaftliche Expertise für die Arbeit der UN systematische zu nutzen aber auch hier ist vieles noch nicht klar2 .

Die Rolle von NGOs

Während die Rolle der Wissenschaft mit neuer Bedeutung versehen werden soll, bleibt die Rolle der zivilgesellschaftlichen Akteur*innen eher implizit. Es wurde zwar festgehalten, dass die global aktiven NGOs die Ziele der Agenda weitgehend teilten,

„The SDGs were an outcome from a UN conference that was not criticized by any major non-governmental organization (NGO). Instead, the SDGs received broad support from many NGOs.“

Wikipedia contributors. (2022, October 22). Sustainable Development Goals. In Wikipedia, The Free Encyclopedia. Retrieved 12:22, October 23, 2022

aber im Gegensatz zur Wissenschaft, der die Rolle der Politikberatung und als gesellschaftlichem Akteur explizit zugesprochen wird, bleibt die Rolle der NGOs eher vage:

„In September 2015, States adopted the 2030 Agenda and the 17 Sustainable Development Goals (SDGs). The preamble of the ambitious, universal and indivisible 2030 Agenda states: “All countries and all stakeholders, acting in collaborative partnership, will implement this plan.” (UN General Assembly, 2015). SDG 17 promotes a new global partnership between countries but also between the State and non-state actors. Two years after the adoption, the meaning of this new partnership and the roles of the different actors are still poorly defined. […] Governments expect a lot from NGOs but do not necessarily clearly define these expectations.“

Hege, E., & Demailly, D. (n.d.). How do NGOs mobilize around the SDGs and what are the ways forward? A French-German comparison. 24.

In unserer Ringvorlesung wollen wir anhand von Beiträgen der Vertreter*innen aus Wissenschaft und von NGOs der Frage nachgehen, wie sich das Verhältnis von Forschung und zivilgesellschaftlichem Handeln heute ausgestaltet und welche Impulse hieraus für eine aktive Gestaltung von Transfer und Third Mission der Hochschulen gewonnen werden kann. Eine besondere Rolle spielt hierbei die Möglichkeit, unsere Perspektive auf zwei Kontinente zu erweitern.

  1. Berghaeuser, H., & Hoelscher, M. (2020). Reinventing the third mission of higher education in Germany: Political frameworks and universities’ reactions. Tertiary Education and Management, 26(1), 57–76. []
  2. siehe: nature (2021). The UN must get on with appointing its new science board []

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