Am 13.10.2022 waren Andreas Ruhe und Alex Michalakopoulos von der Düsseldorfer Design-Agentur Morphoria Collective zu Gast in unserem Netzwerktreffen „Kooperation in Spannungsfeldern“1, um gezielt unseren Blick über den Hochschulkontext hinaus zu erweitern. Eine Erkenntnis ist: Es gibt viele Parallelen zu Hochschul-Netzwerken aber auch gegenläufige Logiken.

Die Lösung darf nicht über die Umwelt drüber gehen

Die Agentur Morphoria Collective ist im Jahr 2013 entstanden. Zu Beginn eine Handvoll Absolvent*innen der Designhochschule, die sich zusammen getan haben, um beim Start in die Agentur-Welt nicht alleine zu stehen hat sich im Laufe der Jahre die kollektive Arbeitsweise, in fester und bedarfsweise erweiterter Zusammensetzung und mit projektbezogenen Rollenverteilungen, als fester Bestandteil des professionellen Verständnisses herausgebildet und ist in einem Portfolio gemündet, dass die ganze Bandbreite des Designs abdeckt. Es war ausgesprochen anregend zu erfahren, wie Andreas und Alex das Prinzip hierarchiefreier Arbeit als Teil ihres Qualitätsverständnisses formulieren. „Die Lösung darf nicht über die Umwelt drüber gehen“ als Grundprinzip guten Designs lässt sich schnurgerade auf gelingende Lehr-Lern-Verhältnisse anwenden. Auch hier ist der Design-Gedanke als „Problemlösung für die Menschen“ sicher sinnvoller als eine diffuse „Lehrkunst“.

Mophoria Collective

Die Logik des Pitchens und wettbewerbliche Projektförderung

Auf der Hand liegt indessen, wie sich die in der Agentur- und Marketing-Branche ausuferende Pitch-Kultur als kostengünstige Methode, sich Ideen zuliefern zu lassen, mit Ausschreibungslogiken von Hochschulprojekten korrespondieren. Auch hier landet vermutlich der größte Teil der investierten kreativen und wissenschaftlichen Arbeitsleistung in einem selten geöffnetem Ordner auf den Festplatten. Das fest im Blick befindliche Ziel, „der Antrag kann ja später weiter genutzt werden“ ist in meinem Erfahrungsumfeld eher selten erreicht worden. Irgendwie fängt man doch immer wieder von Vorne an, weil Ausschreibung, aktuelle Entwicklung, gewandelter eigene Kontext sich zwischenzeitlich verändert haben – vielleicht muss dass ja so sein. Und immer wieder auch die Herausforderung die Balance von Kooperation und Konkurrenz zu finden und zu halten. Morphoria scheinen hier ihren Weg gefunden zu haben, sie „pushen das Kollektiv“ und vermitteln eine ehrliche Abneigung gegen zu große Egos, die letztlich nur im Wettbewerb ihre Großartigkeit unter Beweis stellen können. Und während die selbstverständliche Kooperation im Hochschulbereich bestenfalls als Fernziel von Hochschulentwickler*innen und Ausschreibungsautor*innen existiert, dass von allerlei Regularien, Sachzwängen und Fachkulturen eingeschränkt ist, hat sich das kollektive Arbeiten auf echter Augenhöhe bei Morphiria aus den Anforderungen der realen Projekte ergeben. In jedem der vorgestellten Projekte hatte die kooperative Arbeit einen inhaltlichen, auf das Problem fokussierten Sinn, und dort auch ihre Grenzen, wenn bspw. ein klares Dienstleistungverhältnis oder eine juristisch fixierte Rollen- und Rechteverteilung.

Pizza-Slices
Photo by Vitalii Chernopyskyi on Unsplash

Pizza-Projekte. Netzwerke erweitern, Zusammenarbeit erproben und Spaß haben.

Das Projekt THX PIZZA war ein aus einem kleines Auftrag entstandes Ausstellungs- und Kollektivevent, für dass Designer*innen und Künstler*innen eingeladen wurden, ihre Ideen rund um das Thema „Pizza“ beizutragen und eine Ausstellung gemeinsam zu gestalten. Hier haben mir unsere beiden Gäste aus der Seele gesprochen. Aus einer zweckfreien, ergebnisoffenen und lustzentrierten Form der Zusammenarbeit entstehen – wenn man das denn als Begründung braucht – wichtige Impulse. Es entstehen neue Verbindungen mit neuen Menschen, gemeinsames Arbeiten kann ohne hohes Risiko erprobt werden, es bietet eine Plattform für Kommunikation nach außen und schließlich kann es einfach Spaß machen. Das Zweckfreiheit und Spass im akademischen Universum keinen Platz haben, wird in der Regel mit Verweis auf Rahmenbedingungen (Zeit!) und Auftrag der Hochschulen mit Bedauern akzeptiert. Dem zum Trotz begegnet mir der der Spaß an der Sache aber auch immer dort, wo wir gut zusammenarbeiten – vielleicht wird es ja auch mal Zeit, Hochschulentwicklung komiktheoretisch zu analysieren?

  1. „Kooperationen in Spannungsfeldern“ dient dem Erfahrungsaustausch zu Netzwerken im Spannungsfeld zwischen Kooperation und Konkurrenz, zwischen eigenen Interessen und gemeinsamen Zielen, zwischen Strukturen und Kulturen der Zusammenarbeit im Hochschulkontext. Im Mittelpunkt der Reihe steht die Verbindung von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Umsetzungen in der Praxis. Impulsgeber:innen und Expert:innen beleuchten Kooperationen aus interdisziplinärer Perspektive. Fallbeispiele illustrieren gelungene und fehlgeschlagene Ansätze. Im gemeinsamen Austausch reflektieren wir unser Agieren in Netzwerken. Oranisiert werden die Netzwerktreffen durch Matthias Bandtel, Michaela Köhler und meiner Wenigkeit und unterstützt durch die Stiftung Innovation in der Hochschulehre. []

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