Nach meinen drei Online-Tagen und je zwei Workshops und Keynotes (K. Mayrberger, G. Kortemeyer), sechs Online-Beiträgen und einer Panel-Diskussion (siehe auch das Programm) hatte ich meine Eindrücke der GMW und CampusSource 2024 frisch festgehalten. Hier nun, mit etwas Verzögerung (Happy Diwali!), eine Zusammenfassung meiner Notizen.

Meine persönlichen Erkenntnisse

Anregende Erkenntnisse hatte ich einige, besonders erinnerlich sind mir:

  • Wie genau ein agiles Lehrformat aussieht und dass die Studierenden das schätzen.
  • Dass wir nicht nur auf das Neue fixiert sein sollten, sondern auch Bekanntes neu sortieren und bewerten (Stichworte: Handlungsmuster, Postdigitalität, Agilität, Ambidextrie).
  • Konnektivismus lässt sich für kooperatives Wissensmanagement anwenden (Stichwort: SWOP).
  • Die Haltungen und Sorgen von Studierenden in Bezug auf KI sind gar nicht so sehr verschieden von denen der Lehrenden. Ausnahme ist der Stellenwert des wissenschaftlichen Schreibens1.
  • Insgesamt hatte sich auf der Tagung eine erfrischend positive, nach vorne denkende, neuen theoretischen Ansätzen und Modelle aufgeschlossene und theoretisch auf hohem Niveau reflektierende Community versammelt, die sich guter Stimmung den dickbrettigen Themen KI, Agilitiät und Hochschulentwicklung gewidmet hat.

Ansätze zum Umgang mit KI aus der forschenden Praxis

Wie mit KIs und LLMs im Hochschulbereich umgegangen werden kann, stellte sich im Online-Track zusammenfassend in etwa so dar:

  • KI sollte in Curricula und entsprechend in die Kompetenzmodellierung integriert werden.
  • Prüfungen müssen überdacht und weiterentwickelt werden. Dazu gibt es schon Ansätze. Dieses dicke Brett braucht aber auch Zeit, Ressourcen und Experimentierraum.
  • Regelungen müssen geschaffen werden, auch in einem „ungewissen Zielraum“. Im Zweifel müssen die Regelungen die Unsicherheiten und Grauzonen auch als solche benennen. Zentrales Schweigen hilft am wenigsten.
  • „Ethische“ Themen sollen angesprochen werden. Bislang vor allem mit dem Fokus auf gute wissenschaftliche Praxis, es werden aber auch die gesellschaftlichen Implikationen genannt (Bias, Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen).
  • KI gut und nachhaltig zu integrieren, ist eine exemplarische Anforderung für zukünftige Lehre. Dazu müssen Lehrformate und Lernräume zeitgemäß weiterentwickelt werden. Stichworte dafür sind „dynamisch, flexibel und digital“ – aber auch Bekanntes wie Praxisorientierung und Personalisierung.
  • Non-hierarchische, kooperative Ideen- und Wissensarbeit und -austausch sind gefragt.

KI ist das neue Normal in der Hochschule

Die allgemeine, wenn auch noch etwas „unscharfe“ Position, die meiner Wahrnehmung nach vielfach geteilt wurde, ist:

KI ist das neue Normal, einschließlich der begleitenden Verunsicherung und überfordernden Dynamik. Das beinhaltet auch, dass die Veränderungen noch größer und unabsehbarer sein werden, als wir uns das heute vorstellen. Dazu müssen wir Mut, Zuversicht und Gelassenheit entwickeln.2.

Mein Fazit: Um Orientierung zu gewinnen, brauchen wir eine erweiterte Perspektive

Aus meiner persönlichen Sicht folgt daraus die Forderung, dass wir den Kontext unseres Nachdenkens über KI in der Bildung deutlich über den unmittelbaren Zusammenhang hinaus erweitern müssen. Ich bin überzeugt, dass wir die aktuellen gesellschaftlichen Problem- und Konfliktstellungen mit in den Blick nehmen müssen um die Ziele akademischer (Fach)Bildung und die Rolle von KI darin sinnvoll zu gestalten. Erst wenn wir uns ein Bild davon machen können, wie unser Handeln in soziale, ökonomische, kulturelle und ökologische Zusammenhänge eingebettet ist, können wir uns darin halbwegs stabil orientieren. Das bedeutet allerdings nicht, abzuwarten, bis diese Fragen an anderer Stelle geklärt werden, sondern unsere eigenen Wahrnehmungen, Analysen und Modelle in einen erweiterten Kontext zu stellen und entsprechend zu positionieren. Anders gesagt: Wenn wir keine schlüssigen Positionen zum Verhältnis von Bildung und Ungleichheit, Ressentiments, Rassismus, Migration, Klimakrise, Krieg und anderen Grundfragen menschlicher Entwicklung formulieren können (oder dies wenigstens versuchen), werden wir kaum in der Lage sein, unseren Umgang mit KI zielführend zu gestalten.


  1. Wenn es stimmt, dass sich inbesondere in Kontroversen und Widersprüchen relevante Entwicklungen ablesen lassen, könnte man hier noch mal intensiver draufschauen. Mir scheinen zur Frage der Bedetutung des wissenschaftlichen Schreibens die Einschätzungen von Studierenden und Lehrenden am weitesten auseinanderzuliegen. []
  2. Dazu hatte K. Mayrberger in ihrer Keynote „Ambidextrous Agile Educational Leadership in der Digitalität“ einen hochgradig bedenkenswerten Ansatz vorgestellt. Wer sich über das Konzept näher informieren möchte, findet die entsprechenden Materialien hier: https://agile-educational-leadership.de/ []

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