Meine Gedanken kreisen, wie bei so vielen anderen auch, in den letzten zwei Jahren rund um das Gravitationszentrum „KI & Bildung“. AI-Literacy, Disruption, EU-AI-Act, digitale Souveränität, De- und Up-Skilling, KI-Strategien etc. sind thematische Satelliten und Planeten, zwischen denen ich gedanklich hin- und hergezogen werde.

Mein Erleben ist, dass die Überlegungen und Diskussionen um die KI-Anwendung in der Bildung sich in einem Universum aus Einzelfragen und weitreichenden Handlungsfeldern bewegen, die es offenbar unmöglich machen, den Überblick zu gewinnen. Die chronisch ausufernden Kontexte führen zu einer Mischung aus Dringlichkeit und Überforderung, es werden harte Anforderungen an unsere Ambiguitätstoleranz gestellt. Wir navigieren (bestenfalls) auf Sichtweite und der Anker ist leider nicht zu finden.

Aus meiner Perspektive verweisen alle diese Fragen einerseits auf >Bildungstechnologie< als ein Kernthema. Die Verwicklungen zwischen Technologie und Bildung, von Medien und Didaktik, von Digitalität und Wissenskultur bilden die thematische Achse, die mich vom E-Learning, über Mediendidaktik und Bildungsinformatik, hin zur digitale Bildung begleitet. 

Aber in diesen Bereichen hatte sich in allen Diskussionen eine gemeinsame Bewegungsrichtung gezeigt, die auf das „Große und Ganze“ verweist. Ich glaube, auch für die KI-Diskussion, ist es nötig, sich auf dieses Ganze zu besinnen. Es beinhaltet, dass wir die „KI & Bildung“-Diskussion konsequent auf ihre „die KI“ überschreitenden Bezüge hin überprüfen. Es bedeutet, die Diskussion im Rahmen des Bildungssystems zu diskutieren.

Künstliche Intelligenz ist, wie fast alle bildungstechnolgischen Themen, ein Brennglas, das die Probleme und Krisen im Bildungssystem deutlicher sichtbar werden lässt: Zertifkatsfixierte Prüfungskultur, Verstärkung von Ungleichheit, Zukunftsfähigkeit der Inhalte und Methoden, mangelhafte Finanzierung allenthalben, Kompetenzentwicklung von Lehrenden und eine Kooperationskultur, die dort endet, wo den Einzelinteressen Einschränkungen drohen etc. Die Fehlentwicklungen und Schwächen des Bildungssystems sind bekannt, eine ernsthafte Bearbeitung dieser Themen und entsprechende Lösungswege scheinen aber auch heute nicht in Aussicht.

Vor fast 10 Jahren stellte Lisa Rosa, damals angesichts galoppierender digitaler Transformation, die Frage: „Welche digitale Bildungsrevolution wollen wir?“ und entwickelte diese weiter zur Frage „Welche Art von Gesellschaft wollen wir, und wie soll darum die Bildung unter den Bedingungen der Digitalität aussehen?“1 Diese Fragen sind aktuell geblieben: In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Welche Aufgaben soll die Bildung darin erfüllen? Welche Rolle soll KI in dieser Bildung spielen?

Auf diese Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Aber das sollte uns nicht davon abhalten, sie zu stellen. Es sind vielleicht nicht die Antworten, die uns bei der Orientierung helfen können, sondern die Klarheit über die Aufgaben, die es zu lösen gilt.

  1. https://shiftingschool.wordpress.com/2016/10/24/welche-digitale-bildungsrevolution-wollen-wir/ []

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